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Motorrollertour Piemont - Zu Füßen der Berge
von Ralf53 am 19.11.2023 15:583 Sekunden. Der Rundgang auf dem Seitenstreifen gibt Gewissheit - vom linken Reifen des Trailers sind nur noch Fetzen übrig. Wer sich jemals über eine unverständliche Durchsage am Kölner Hauptbahnhof beschwert hat, wird dies niemals wieder tun, wenn er mal an einer Notrufsäule an einer französischen Autobahn bei 35 Grad gestanden hat. Meine französische Gesprächspartnerin hätte auch chinesisch sprechen können, es war (fast) nichts zu verstehen. Dennoch dauert es gefühlt keine 10 Minuten, dann ist die Straßenwacht vor Ort. Montag oder Dienstag sei mit einer Reparatur zu rechnen; dann sehe ich meinen Anhänger samt Honda Silver Wing auf der Laderampe des Werkstattwagens am Horizont entschwinden.
Wir müssen also etwas umplanen. Glücklicherweise ist unser Zimmer in Beaune noch 2 Nächte länger frei. Email nach Italien, dass wir erst später kommen können. Am Montag sind tatsächlich 2 neue Reifen da, dafür bin ich 300 € ärmer. Beaune ist zwar eine sehenswerte Stadt, dennoch sind wir froh, als es am nächsten Morgen endlich weitergeht. Noch einmal werden wir zur Kasse gebeten. Die 12.870 m lange Röhre des Fréjus-Straßentunnels, welche die Pointe de Fréjus (2.932 m) im Mont-Cenis-Massiv unterquert und Modane im Hochsavoyen (Frankreich) mit Bardonecchia im Piemont (Italien) verbindet, macht uns 51 € (!) ärmer; da muss man schon schlucken. Am späten Nachmittag erreichen wir dann ohne weitere Zwischenfälle unsere Unterkunft, das Agriturismo „Locanda dei Cacciatori" in Somano.
Colle Fauniera, Colle dei Morti oder Col Cuneo?
Wir rollen durch die Ebenen des nördlichen Piemont. Das Land um die Provinzhauptstadt Cuneo ist flach und unspektakulär. Spannung erzeugen lediglich die in schöner Regelmäßigkeit an den Ortsein- und Ortsausgängen stehenden, orangefarbenen Blitzer.
Es zieht uns zum „Colle Fauniera", einen der spannendsten und schönsten Pässe in Norditalien, der aber dennoch (noch) als Geheimtipp gilt.
Vor uns sollte sich eigentlich das Bergpanorama der Seealpen erheben, doch die Berge der „Cottischen Alpen" verstecken sich in einer dichten Wolkenwand. Dann plötzlich, als ob ein Hüne alle Hügel ins Landesinnere geschoben hätte, wachsen Erhebungen aus der Erde empor, eine nach der anderen. In Demonte im Tal des Flusses Stura zweigt das Seitental Vallone dell'Arma ab. Hier beginnt der Anstieg zum Colle Fauniera, auch Colle dei Morti oder - um die Verwirrung komplett zu machen - auch als Col Cuneo bezeichnet. Der Fauniera ist kein Übergang mit klangvollem Namen, kann es aber mit den berühmteren französischen Nachbarn wie dem Col de la Bonette, dem Col de Vars oder dem Col de Cayolle locker aufnehmen.
Zunächst schlängelt sich das Sträßchen relativ gemütlich den Berg hoch. Vereinzelte Häuser, die still und leer erscheinen, stehen am Wegesrand. Der Verkehr beschränkt sich auf einen gelegentlich entgegenkommenden Fiat 500. Wir gewinnen an Höhe, erreichen die Wolken und dann umgibt uns eine trübe Nebelsuppe, die uns die nächsten Kilometer begleiten wird. Ich fahre fast mehr nach Gehör als auf Sicht. Kein Wind, kein Mensch, keine Fahrzeuge; nichts, außer ein paar scheuen Murmeltieren. Das rissige, nur von unzähligen Teerflicken zusammengehaltene Sträßchen ist streckenweise schmal, sehr (!) schmal, was ich auch am zupackenden Griff der besten Sozia der Welt merke. Der Asphalt ist rau wie eine Kuhzunge. Gelegentlich liegen Felsbrocken auf der Fahrbahn. Der piemontesische Riese „Colle Fauniera (Colle dei Morti)" genießt den etwas zweifelhaften Ruf, dass sich seine Passstraße in Auflösung befände. Dem würde ich - zumindest was die Südauffahrt von Demonte aus betrifft - nicht widersprechen wollen. Die Strecke ist dennoch sowohl fahrerisch als auch punkto Landschaft jeden Kilometer wert! Mit jedem Kilometer werden die Hänge steiler, die Felsen schroffer. Kurve um Kurve zieht es die 600er Silver Wing dem Pass entgegen. Wir nähern uns stetig dem 1.840 m hohen „Colle di Caccia", der als solcher allerdings leicht zu verpassen, da im Grunde ein Scheitel kaum vorhanden ist.
Je höher wir kommen, umso mehr weichen die Bäume zurück und mit ihnen der Nebel. Sonne durchbricht den Dunst. Der Blick ist nun frei auf kantige, von kleinen Wolken umspielte Berggipfel, vereinzelte Schotterhänge und braun-grüne Almen. Das Teerband führt uns in ein Hochtal mit schönen, gut einsehbaren Kurven. Am „Colle Valcavera" (2.421 m), von dem in Westrichtung die bis zum „Colle del Preit" (2.083 m) führende „Maira-Stura-Kammstraße" abzweigt, lasse ich den Motor der Siwi verstummen. Tiefe Einsamkeit umgibt uns hier oben und eine wunderbare Natur. Hier könnte man ewig verweilen, doch „der Berg ruft". Wenige 100 m weiter kommt uns bergseitig ein Jeep entgegen. Meine Sozia entscheidet sich spontan abzusitzen und ein Stück zu Fuß zu gehen, während die Siwi im Schneckentempo daran vorbei kriecht. Tipp: nie in den Abgrund schauen! Kurz darauf stehen wir mit unserem Scooter auf dem Scheitel des „Colle Fauniera" (2.481 m) und lassen unsere Blicke in eine unendliche Weite schweifen. Im Tal weiße Wolkenbänke. Ein echtes Traumpanorama.
Auf der Passhöhe steht sogar ein Denkmal für den 2004 verstorbenen italienischen Radrennfahrer Marco Pantani; eine lebensgroße Statue, die „Il Pirata" auf seinem Rad darstellt.
Wir überwinden den „Colle del Vallonetto" (2.447 m) und genießen am Rifugio Fauniera in der Herbstsonne ein leckeres Schinkenbrot.
Auf der Abfahrt zum „Colle d'Esischie" (2.370 m), der in einer markanten Einkerbung zwischen dem Rocce Ciarmetta (2.553 m) und dem Monte Pelvo (2.555 m) liegt, öffnet sich uns ein herrlicher Ausblick westwärts in den Talkessel des Marmoratals und die umgebenden Berge (Monte la Bianca 2.745 m, Becco Grande (2.775 m).
Wo kann man schon mal ein Quartett solcher Passgiganten auf einen Streich erleben - noch dazu in solch einer grandiosen Landschaft?
Reisebericht Irland - Keltenkreuze, Kleeblätter und schroffen Küsten
von Ralf53 am 06.11.2022 16:17Frühstück gibt es am nächsten Morgen bereits um 6 Uhr. Ich wundere mich, dass ich alleine vor dem Speisesaal stehe. Ich habe die Uhr nicht umgestellt!! In England ist es eine Stunde früher. Der Tag fängt gut an.
Gegen 9.00 Uhr rollen wir von Bord. Da uns die Fähre von England nach Irland den Zeitplan vorgibt, geht es von Hull aus 350 km über Schnellstraßen und Autobahnen zum Fährhafen Holyhead, von wo wir in 3 Stunden in die Hauptstadt der Republik Irland, Dublin, übersetzen. Während wir die erste Nacht in Irland im Hotel Academy Plaza verbringen, nächtigt meine Siwi im bewachten Parkhaus um die Ecke.
Der Motor meiner Silver Wing hat kaum seine Betriebstemperatur erreicht, da tauchen wir in die Hügel der „Wicklow Mountains" ein. In dieser Berglandschaft mit seinen kristallklaren Seen lässt sich der Alltagsstress schnell vergessen. Das schmale Teerband, das sich Strasse nennt, schlängelt sich durch weite Moorlandschaften. Wälder gibt es hier keine. Wir sind fast allein unterwegs. Zügig, doch entspannt schwingen wir südwärts. Gelegentlich müssen wir in die Eisen gehen, um einigen Schafen den Vortritt zu lassen.
Dann zieht sich der Himmel immer mehr zu. Dunst und Nebel hängen über der grün-braunen Hochebene. Die Stimmung ist mystisch. Man fühlt sich zurückversetzt in eine Zeit, als hier Highlander die Gegend durchstreiften. Das Wetter wechselt zwischen bewölkt und regnerisch hin und her, um sich dann doch für Regen zu entscheiden. Es wird Zeit, die Gummipelle überzuziehen. Im Wassernebel bemerken wir kaum die Straßenkreuzung „Sally Gap" (503 m), gälisch „Bearna Bhealach Sailearnáin", einen der höchsten Pässe, wenn nicht überhaupt der höchste Pass Irlands.
So schnell wie er gekommen ist, so schnell ist der Regen auch wieder vorbei.
Die „Old Military Road" leitet uns ins „Glenmacness Valley". Die Briten bauten die Militärstraße durch die Wicklow Mountains, um nach dem Aufstand von 1798, irische Rebellen aufzuspüren. Am „Glenmacness Waterfall", dessen Wasser hier 80 m über blanken Fels in die Tiefe rauscht, legen wir einen Stopp ein und genießen die Aussicht weit hinab ins Tal.
Wenige Kilometer weiter, im „Gleann Dá Loch", dem Tal der zwei Seen, liegen die Ruinen von Irlands berühmtester Klostersiedlung „Glendalough". In voller Motorradmontur stapfen wir über die Green Road, einen alten Pilgerpfad, durch Wälder, die hier und da einen Blick auf den „Lower Lake" freigeben. Dann ragt plötzlich der markante Rundturm vor uns 33m in die Höhe, das Wahrzeichen von Glendalough. Das vom heiligen Kevin gegründete Kloster gehört zu den ältesten christlichen Überresten in Europa. Von der einstigen Siedlung sind neben dem Rundturm nur noch die Ruinen einer Kapelle - St. Kevin's Kitchen - sowie eines Priesterhauses erhalten geblieben, allerdings verleihen die unzähligen Steinkreuze dem Ort eine ganz besondere Stimmung.
Am späten Nachmittag erreichen wir die idyllische Stadt Cashel. Der Ort wird überragt von einer riesigen Burg, dem „Rock of Cashel". Die Festungsanlage, einst Krönungsstätte von Königen und Sitz von Bischöfen, thront majestätisch auf einem Felsen, den nach einer Legende der Teufel ausgespuckt hat; auch als Sitz von Feen und Geistern wurde sie vor Jahrhunderten verehrt. Von hier oben eröffnet sich uns ein herrlicher Blick über die gesamte Umgebung.
Am Abend lasse ich mir im Pub unserer Unterkunft das traditionelle Eintopfgericht Irlands schmecken: Irish Stew (Stobhach Gaelach) aus Hammel- oder Lammfleisch, Kartoffeln, Zwiebeln und Petersilie. Einfach nur lecker!
Wie es weitergeht lest ihr auf meiner Homepage. Dazu viele Videos, Bildergalerien und GPS-Tracks. Viel Spass ;-